Ervaringsbericht uit Duitsland: Een essay.
woensdag, 20 augustus 2008 - Categorie: Verhalen
Das Ding...
Erfahrungsbericht einer Elektrosensiblen. Ein Essay.
Mein Handy habe ich immer zurückhaltend benutzt. Vor sieben Jahren hatte ich mir eins für die Arbeit gekauft, da ich viel reiste und schlecht erreichbar war. In der letzten Zeit brauchte ich es immer seltener, täglich noch für ein paar SMS und wenige Sekunden Telefongesprächszeit. Jetzt möchte ich versuchen, es ganz los zu werden, obwohl meine Freunde im Chor verkünden, eine Berufstätige ohne Handy gebe es doch heute ganz einfach nicht mehr.
„Das Ding“ ist ausserordentlich bequem. Wir wissen es alle; die funktionellen und symbolischen Gründe für seinen Erfolg brauchen wir hier nicht darzulegen. Wir stellen einfach fest: „Das Ding“ hat sich unmerklich in den Sitten und Gebräuchen von uns allen derart eingenistet, dass man bezweifeln könnte, ob es vor seinem Erscheinen schon irgend eine Art von Leben oder menschlicher Beziehung auf der Erde gegeben habe.
Dennoch schaffen es einige Menschen, ohne „das Ding“ zu leben; die einen aus ideellen Gründen, andere zum Schutz ihrer Intimsphäre, wieder andere dank eines Lebensstils, der es ihnen erlaubt, darauf zu verzichten. Ist es andererseits nicht seltsam: Oft hört man (unabhängig von sozialem Stand und realem Einkommen) den Ausspruch, man könne es sich nicht leisten, „Bio“ zu essen. Aber ich habe noch nie jemanden sagen hören, er könne sich „das Ding“ nicht leisten.
Es scheint also, dass „das Ding“ zwar zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dass es aber doch auch Menschen gibt, die nicht Eigentümer einer Mobiltelefonnummer sind und diesen Zustand individuell bewusst und frei gewählt haben. Und ihr werdet sagen: Warum so viel Aufhebens, wenn doch jeder für sich selbst, in seinem Leben als Mann oder Frau, frei wählen kann, ob er den Alltag mit oder ohne „das Ding“ bewältigen will?
Frei wählen? – Nun, so ist es eben gerade nicht.
Mir wurde der Gebrauch des „Dings“ verboten. Ihr denkt vielleicht von einem Ehegatten, der es satt hat, gesalzene Rechnungen zu bezahlen; von Freundinnen, die sich darüber ärgern, dass sie nie einen Augenblick der Intimität mit mir teilen können; von der Polizei, die mich ein paar Mal telefonierend am Steuer erwischt habe; von irgend einem moralisierenden Freund... oh nein, nichts dergleichen. Der Gebrauch des „Dings“ ist mir ganz einfach vom Arzt verboten worden! – Ihr mögt euch fragen, wie das denn möglich sei, da ich es ja bloss zurückhaltend benütze...
„Liebe Frau, vergessen Sie 'das Ding', ich bitte Sie, vergessen Sie es!“
Er war der vierte Arzt, den ich im Verlauf weniger Wochen aufsuchte. Aber es war das erste Mal, dass man in einem derart drohenden Ton zu mir sprach. Die Entschlossenheit seiner Worte und der Ton seiner Stimme waren beeindruckend. Doch auch er hatte ein „Ding“, das gerade neben ihm auf dem Tisch lag, bereit, jederzeit loszuklingeln. Warum also ausgerechnet ein solches Verbot für mich?
In den letzten Jahren hatte ich selten einen Arzt besucht, aber jetzt genügten die sonntäglichen Wanderungen in den Bergen nicht mehr, um mich zu erholen. Ich fühlte mich immer müder.
Obwohl die ersten drei Ärzte ganz verschiedene Überzeugungen hatten, waren sie sich doch darin einig, dass meinen Symptomen kaum Bedeutung beizumessen sei. Für sie handelte es sich einfach um Müdigkeit, Ferienbedarf, Angstzustände, Enttäuschung in der Liebe... Bei jeder weiteren Konsultation versuchte ich präziser zu schildern, was ich empfand: Kopfschmerzen wegen Sonnenstich, nächtliches Herzrasen, Schlaflosigkeit, Händezittern...
Jeden Tag empfand ich stärker, wie meine Körperzellen „verkehrt herum ruderten“, sodass ich bald jede Hoffnung verlor, sie würden eines Tages wieder umdrehen.
Im Zuge meiner Versuche, zu begreifen was mit mir geschah, entschloss ich mich eines Tages, einen Messbericht über die elektrischen und magnetischen Felder in meinem Büro anfertigen zu lassen. Diesen Entschluss fasste ich ohne Rücksicht auf die Kosten einer solchen Unternehmung. Denn unter all den Symptomen, die mich plagten, war das ungewöhnlichste das sonderbare Gefühl, besonders empfindlich auf elektrische Felder zu sein. Ich fühlte mich wie von elektrischen Schlägen durchzuckt und von stärkeren oder schwächeren Feldern durchdrungen. Das von Grafiken, Tabellen und Berechnungen strotzende Gutachten kam zum folgenden Schluss: In den untersuchten Räumen bestehen elektromagnetische Felder von beträchtlicher Stärke, die aber jedenfalls den gesetzlichen Grenzwert nicht überschreiten. Ich setzte mich in Verbindung mit dem Gutachter und bat ihn um weitere Erklärungen. Insgeheim hoffte ich, nun endlich die Informationen zu erhalten, die mir die drei ersten Ärzte nicht hatten geben können. „Liebe Frau, seit zwei Jahren bin ich unterwegs, um Berichte zu machen über Fälle, wie Sie einer sind. Ich könnte Bücher darüber schreiben.“ - „Aha“, antwortete ich begeistert, weil ich offenbar die richtige Person zur Lösung des Rätsels gefunden hatte, „könnten Sie mich also mit meinesgleichen für einen Informationsaustausch in Verbindung bringen?“ - „Sehen Sie“, antwortete der Gutachter, „es gibt zwar tatsächlich eine andere Frau in Ihrem Häuserblock, die vor kurzem einen gleichartigen Bericht von mir verlangt hat, aber aus Gründen der beruflichen Korrektheit kann ich Ihnen darüber nichts sagen.“
Entmutigt ob dieser Art von Zusammenarbeit des „offiziellen“ Gutachters, aber immerhin im Besitz der Bestätigung, dass es sich um ein Problem mit elektromagnetischen Wellen handelte, beschloss ich, einen „Geobiologen“ zu kontaktieren – eine Person also, die imstande war, die Schwingungen der Erden- und der Himmelswelt in Harmonie zu bringen. Denn in der Tat, wenn es sich um eine Belastung durch elektrische und magnetische Felder handelte, so musste es doch möglich sein, diese mit anderen Feldern zu bekämpfen. Und so liess ich mich denn in die (teure) Welt der „Formwellen“, in die Schwingungsfelder kostbarer Mineralien, in das Klingen irdischer Brünnchen und himmlischer Bilder entführen... Aber es wurde mir auch recht deutlich gesagt, dass der „kosmische Bausatz“ nur wirksam sein konnte, wenn ich mich zugleich „ernsthaft“ auf einen spirituellen Weg begab... Mein Weg war wohl recht wenig ernsthaft, denn der Gesundheitszustand wurde immer prekärer. Ich kam zur Einsicht, dass ich meine Anwesenheit im Büro von 8 auf 4 Stunden, dann von 4 auf 2, schliesslich von zwei auf eine Stunde reduzieren musste. Am Schluss waren es täglich noch ein paar Minuten zum Abholen der Post.
In jenen Tagen besuchte ich den Vortrag eines Spezialisten, eines seit Jahren unabhängigen Forschers am CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique). Der Vortrag war zu einem grossen Teil den Wirkungen der von den Mobilfunkantennen ausgehenden elektromagnetischen Felder auf den Menschen gewidmet. Welche Überraschung für mich, zu entdecken, wie all die Symptome, an denen ich litt, vom Vortragsredner wissenschaftlich präzis aufgezählt und beschrieben wurden! Natürlich wandelte sich die Überraschung sogleich in Angst beim Gedanken an die mögliche Weiterentwicklung solcher Symptome zu schweren Krankheiten, oftmals die Folge einer Funktionsstörung der Zirbeldrüse, des Zentrums des Gehirns, der „Seele des Körpers“, des für elektromagnetische Felder empfindlichsten Organs des menschlichen Körpers.
Nun entschloss ich mich, weitere Messungen machen zu lassen, diesmal durch einen anderen, weniger kostspieligen und auch sympathischeren Gutachter mit der Bereitschaft, ein Gespräch zu führen und jemanden wirklich anzuhören, der unter den Symptomen und der Entwicklung dieser neuen, seltsamen Krankheit der Elektrosensibilität leidet – eine Krankheit, die in vielen Ländern zur Gründung von Vereinigungen führte, in denen sich die Menschen fanden, welche dieselbe Krankheit haben, oder genauer: welche durch andauernden und intensiven Kontakt mit hoch- oder niederfrequenten elektromagnetischen Feldern zu diesem Leiden gekommen sind.
Die neuen Messungen liess ich diesmal nicht nur in meinem Büro in der Stadt, sondern auch zu Hause machen, um die Daten vergleichen zu können. Die Messresultate im Büro waren – vielleicht wegen eines zeitweise stärkeren Gesprächsverkehrs auf den Mobilfunkfrequenzen – noch besorgniserregender als diejenigen des ersten Gutachtens, sodass in mir sogar ein gewisser Zweifel am Gutachter selbst entstand. Ich sagte mir dann, es möge eben Situationen mit besonders hoher elektromagnetischer Belastung geben, die aber immer unterhalb der Grenzwerte bleibt, wenn auch vielleicht nur knapp.
Wer elektrosensibel wird, entwickelt in der Begegnung mit elektromagnetischen Feldern besondere Wahrnehmungsfähigkeiten, und so kommt es, dass ein hypersensitiv gewordener Mensch oftmals mit geschlossenen Augen die Gegenwart und die Wirkung von Hochspannungsleitungen, von Mobilfunkantennen und auch von WLAN-Anlagen, Schnurlostelefonen und dergleichen spüren kann.
Wegen eben dieser Hypersensitivität hatte ich zuhause wahrgenommen, dass in denjenigen Räumen meiner Wohnung, die nach Osten exponiert sind, eine elektromagnetische Belastung vorhanden sein könnte, auch wenn diese entschieden schwächer war als in meinen städtischen Büroräumlichkeiten. Dies wurde mir denn auch durch die Messungen des Gutachters mit Präzision bestätigt. Ich fragte also bei unserem Gemeindebauamt nach dem Aufstellort einer Mobilfunkantenne. Man antwortete mir, dass es auf unserem Gemeindegebiet keine solche gebe. Hierauf rief ich bei der Nachbargemeinde an. Da erfuhr ich, dass eine Antenne von der und der Sendeleistung vorhanden sei, doch das brauche mich nicht zu beunruhigen, weil diese Antenne zur Nachbargemeinde hinüber strahle (nämlich zur meinigen...).
Vor wenig mehr als 50 Jahren durchquerten zahlreiche Eisenbahnzüge Europa, zum Bersten gefüllt mit Männern, Frauen und Kindern, die nie mehr zurückkehrten... Zu Recht gibt es heute dafür keine Entschuldigung, und man blickt mit grösster Strenge auf diejenigen, die mehr oder weniger bewusst mit diesen Transporten zu tun hatten.
Es bleibt mir nur noch die Hoffnung, dass unsere Ärzte, Techniker, Beamte, Politiker und alle Menschen, die der Bevölkerung gegenüber Verantwortung tragen, sich der durch die neuen Technologien über kurz oder lang verursachten Gesundheitsschäden bewusst sind – Gesundheitsschäden, von denen vielleicht nicht alle Bürger, aber mit Sicherheit ein grosser Teil von uns allen betroffen sein werden.
Denn die wunderbare Reise in der virtuellen elektronischen Welt könnte sich in einen furchtbar realen, kollektiven Alptraum verwandeln – in einen Alptraum, wie er für einige von uns bereits heute Wirklichkeit ist.
April 2008
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