Gespräch mit Dominique Belpomme

dinsdag, 22 maart 2016 - Categorie: Artikelen

Bron: www.arte.tv/magazine/futuremag/de/gegen-den-strom-gesprach-mit-dominique-belpomme-futuremag
dec. 2015


Bereits im Jahr 2004 hatte der französische Krebsforscher Dominique Belpomme auf die Risiken der Nutzung von Mobiltelefonen hingewiesen. Zehn Jahre später ist er überzeugt, dass elektromagnetische Felder eine massive Gefahr für die Menschheit darstellen und zu neuen Krankheiten führen, beispielsweise der Elektrosensibilität oder Elektrohypersensitivität (EHS). Der Mediziner, der sich als „Pionier“ sieht, spricht mit Futuremag über die strittige Anerkennung dieser Pathologie.

Futuremag: Professor Belpomme, könnten Sie uns erklären, was Elektrosensibilität ist?

Dominique Belpomme: Zunächst einmal muss man wissen, dass alle Lebewesen elektrosensibel sind. Genau wie Vögel und Bienen reagiert auch der Mensch auf elektromagnetische Felder. Problematisch wird erst die Hypersensitivität, also eine Überempfindlichkeit, die durch ein Absinken der Toleranzschwelle gegenüber elektromagnetischen Wellen entsteht. Wenn der Betroffene nicht rechtzeitig behandelt wird, entwickelt er letztlich eine Intoleranz gegenüber dem gesamten elektromagnetischen Wellenspektrum.

In einem Interview mit „Radio Courtoisie“ haben Sie gesagt, dass „alle Menschen Magnetosome haben“ und „alle elektrosensibel sind, ohne es zu wissen“. Warum?

Magnetosome sind Rezeptoren im Nervensystem, die auf elektromagnetische Felder ansprechen. Alle Menschen haben solche Magnetosome. Bei Personen, die an Elektrosensibilität (EHS) leiden, reagieren die Magnetosome bereits auf sehr schwache, niederfrequente Wellen (z.B. Radio- und Hyperwellen).

Hierbei sind zwei Aspekte besonders wichtig: Erstens ein genetischer Faktor, d.h. eine genetische Veranlagung für Elektrosensibilität, und zweitens ein Umweltfaktor, der mit der Expositionsdauer (WLAN, übermäßige Handy-Nutzung, Nähe einer Mobilfunkantenne) zusammenhängt. Heute ist bekannt, dass eine hohe Exposition zu molekularen Veränderungen führt.

Woher weiß man das?

Ich habe über 1 200 EHS-Patienten untersucht. Bei einer neurologischen Analyse ist im Allgemeinen eine zerebrale Hypoperfusion im limbischen System (Hippocampus) feststellbar, das kognitive Funktionen hat und für die Verarbeitung von olfaktorischen Sinneseindrücken und Emotionen verantwortlich ist. Grob gesagt handelt es sich um eine schlechtere Durchblutung, die zu einer unzureichenden Sauerstoffversorgung führt. Mit schwerwiegenden Folgen, denn dies kann die Entstehung von Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer fördern.

Wenn die Astrozyten (Zellen, die ein Stützgerüst für die Nervenzellen bilden) betroffen sind, ist die Entwicklung nicht mehr rückgängig zu machen. Bei rechtzeitigem Eingreifen kann der Krankheitsverlauf jedoch aufgehalten werden.

Worin besteht diese neurologische Untersuchung?

Die Krankheit lässt sich durch einen Abgleich der Symptome feststellen. Die Veränderungen bei Tieren, die elektromagnetischen Wellen ausgesetzt werden, findet man auch beim Menschen.

Die Untersuchung läuft in drei Schritten ab: Zunächst werden Bluttests durchgeführt, durch die sich die Krankheit aber noch nicht endgültig nachweisen lässt. Anschließend analysieren wir Urinproben auf einen verringerten Melatoninspiegel (Melatonin ist ein Hormon, das z.B. für den „Jetlag“ verantwortlich ist). Ein Melatoninmangel führt zu Schlafstörungen, die wiederum eine allgemeine Schwächung des Immunsystems zur Folge haben.

Und schließlich führen wir einen Doppler-Ultraschall durch, um die Reaktion des Gehirns auf kalibrierte elektromagnetische Felder zu testen. Die zuvor festgestellten klinischen Symptome sowie die vor und nach dem Doppler-Ultraschall durchgeführten Blutuntersuchungen geben Aufschluss über biologische Anomalien des Blutbilds.


''Eine elektromagnetische Hypersensitivität kann in den meisten Fällen nicht geheilt werden''

Wie lässt sich diese Störung behandeln?

Die Behandlung erfolgt durch Antioxidantien und eventuell Antihistaminika sowie durch Medikamente zur Revaskularisierung des Gehirns. Sie wird durch eine Vitamintherapie mit den Vitaminen D, B1 und B6 sowie Omega-3-Fettsäuren ergänzt. In einer Gruppe von 500 Kranken trat bei 60 bis 70 % eine Besserung ein. In 5 bis 10 % der Fälle war ein starker Rückgang bis hin zum völligen Verschwinden der Symptome feststellbar.

Es muss jedoch betont werden, dass eine elektromagnetische Hypersensitivität in den meisten Fällen nicht geheilt werden kann. Die Kranken müssen lebenslang vor elektromagnetischen Feldern geschützt werden, auch während der Behandlung. Manche entwickeln sogar eine Resistenz gegen die Behandlung.


In jüngerer Zeit wurden zahlreiche Stimmen gegen Ihre These laut, wie Prof. Choudat in seinem Senatsbericht aus dem Jahr 2010, der bezüglich der elektromagnetischen Hypersensitivität einen psychiatrischen Ansatz vertritt.

Auch die ehemalige Beigeordnete Ministerin für Digitale Wirtschaft, Fleur Pellerin, bezeichnete vor Kurzem noch die Hypersensitivität gegenüber elektromagnetischen Wellen als „irrationale Angst“...

Dank meiner klinischen Forschungsarbeiten hat die Weltgesundheitsorganisation WHO elektromagnetische Wellen als potenziell krebserregend eingestuft. Nicht-Kliniker erlangen keine Kenntnis von den Ergebnissen unserer Analysen, und die Personen, die EHS als neue Pathologie ablehnen, reden über Kranke, die sie nicht kennen. Ich befrage die Kranken selbst, bevor ich ein Urteil über sie abgebe. Im Zweifelsfall führe ich Provokationstests durch. Ich habe nichts gegen Prof. Choudat oder die anderen Kritiker, aber die Meinung von Laien ist für mich nicht wissenschaftlich legitimiert.

Worin besteht Ihrer Meinung nach die beste Vorbeugung gegen diese Krankheit?

Für einen optimalen Schutz sind individuelle und kollektive Maßnahmen erforderlich. Jeder Einzelne sollte die Nutzung von Mobiltelefonen vermeiden und die von Computern einschränken, Kathodenbildschirme aus seinem Umfeld entfernen, kein WLAN und natürlich keine schnurlosen DECT-Telefone verwenden. Es ist wichtig, sich mit einem Faraday’schen Käfig zu umgeben. Auf kollektiver Ebene muss die entsprechende Politik im Bereich der öffentlichen Gesundheit revidiert werden.


Der Gesetzesentwurf Loi Abeille (der am 11. Dezember 2013 von Laurence Abeille in der französischen Nationalversammlung eingebracht wurde, A.d.R.) geht nicht in die richtige Richtung. Er ist nur eine leere Hülle. Infolge des Technologiewettlaufs und der Einführung der 4G-Technologie haben Kranke, denen es zuvor besser ging, einen Rückfall erlitten.

Es geht nicht darum, jeglichen technischen Fortschritt rückgängig zu machen, aber Staat und Verbände müssen handeln. Man muss beispielsweise die Schaffung elektrosmogfreier Zonen anregen.

Derzeit leugnen die Politiker das Problem völlig. Gesundheitlich zahlen wir dafür einen hohen Preis, vor allem in Frankreich, einem der skeptischsten Länder hinsichtlich des Zusammenhangs von Umweltfaktoren und Gesundheit. Angesichts der hohen Nutzerzahl von Mobiltelefonen weltweit sind in jedem Fall Maßnahmen auf globaler Ebene erforderlich. Wir müssen vor allem an unsere Kinder denken und uns bewusst werden, dass moderne Technologien zwar praktisch, aber auch gefährlich sind.


Pr. Dominique Belpomme ist Arzt und Vorsitzender der französischen Vereinigung für Krebstherapieforschung (Artac). Er ist Autor von Büchern wie „Ces maladies créées par l’homme“ (Albin Michel, 2004) und „Guérir du cancer ou s’en protéger“ (Fayard, 2005). Er kämpft für die Anerkennung der „Gesundheits- und Umweltgefährdungen, die zu dieser Allergie gegen elektromagnetische Felder geführt haben“, als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Am 14. November 2014 nahm er am Kolloquium zum 10. Jahrestag des „Appells von Paris“ pdf im Pariser UNESCO-Gebäude teil und setzte sich gemeinsam mit mehreren Medizin-Nobelpreisträgern für diese Forderung ein.



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